Pferdedecken – welche soll’s denn sein?

Je nach Verwendungszweck müssen Pferdedecken unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Aber die Auswahl ist riesig. Und die richtige Verwendung von Pferdedecken fast schon eine Wissenschaft für sich. Unsere kleine Deckenkunde hilft Ihnen, die Richtige zu finden.

 

Am Thema Pferdedecken scheiden sich die Geister. Für die einen ist es nur ein übertriebenes Verhätscheln des Pferdes, andere haben fast mehr Decken für ihren Vierbeiner im Stall als Bettbezüge für sich selber im heimischen Schlafzimmerschrank.

 

Auf den Zweck kommt es an

So, wie jedes Pferd anders ist, gibt es auch genauso viele Gründe für die Verwendung einer Pferdedecke wie Gründe dagegen. Und letztendlich liegt die Entscheidung bei jedem Einzelnen, ob sein Pferd eine Decke braucht, und wenn ja, welche am besten ihren Zweck erfüllt.

 

Bei genauem Hinsehen lässt sich das überbordende Angebot an Pferdedecken im Reitgeschäft grundsätzlich in vier Kategorien einteilen: Regendecken, Winterdecken, Abschwitzdecken sowie Fliegendecken. 

 

Ganzkörperdecken für Pferde, die mit einem Sommerekzem auf lästige Insekten reagieren, sogenannte Ekzemerdecken, sind ein Thema für sich. Denn sie müssen ganz besondere Anforderungen erfüllen. Und da Kriebelmücken und Co. im Moment glücklicherweise fast überall eine Winterpause machen, möchte ich auf dieses Thema eingehen, wenn sich das nächste Frühjahr ankündigt.

 

Dichte Regendecken

Stehen Pferde bei nasskaltem Wetter den ganzen Tag auf der Weide, kann es je nach Rasse und Fellbeschaffenheit notwendig werden, die Tiere mit einer Regendecke auszustatten. Wie der Name schon sagt, soll eine solche Decke wasserdicht, und am besten auch wasserabweisend sein. Und damit sie auch bei Dauerregen nicht durchweicht, muss ihre sogenannte „Wassersäule“ einen möglichst hohen Wert aufweisen. 2000 Millimeter sollten es schon sein, besser sind natürlich 5000 bis 6000 Millimeter. Hinter dem Begriff „Wassersäule“ verbirgt sich ein Materialtest nach der Norm DIN EN 20811. Dieser Test prüft, wie hoch der Wasserdruck sein darf, ohne dass Feuchtigkeit durch das Gewebe dringt. Je höher also die Wassersäule, desto dichter das Material. Wirklich wasserdicht sind Obermaterialien, die einer Wassersäule von mindestens 1300 Millimetern pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden standhalten. Klingt kompliziert. Ist es auch ein wenig. Deshalb die einfach Faustregel „je höher die Millimeterangabe, desto dichter das Material“.

 

Der Vorteil regendichter Pferdedecken, nämlich dass das Pferd auch im strömenden Regen darunter schön trocken bleibt, ist gleichzeitig auch ihr Nachteil bei höheren Temperaturen. Denn kommt nach dem Regen wieder die Sonne raus, kommen die Pferde schnell ins Schwitzen. Da aber der Schweiß aufgrund des dichten Materials nicht verdunstet und damit nicht kühlt, kann es passieren, dass die Tiere darunter überhitzen. Deshalb besser öfters mal rausschauen, ob sich der Regen verzogen hat, und dann die Decke runter nehmen.

 

Kuschelige Winterdecken

Die normale Wohlfühltemperatur eines gesunden Pferdes liegt etwa zwischen sieben und 15 Grad Celsius. Werden die Tage, und natürlich erst recht die Nächte, allmählich zunehmend kälter, bestimmt die Lufttemperatur, wie kuschelig Sie Ihr Pferd eindecken sollten. Bleibt das Thermometer noch bei etwa +5 Grad Celsius stehen, reicht eine leichte Winterdecke mit einer Füllung zwischen 50 und 150 Gramm. Fallen die Temperaturen unter Null Grad in den Minusbereich, sollte es schon etwas dicker sein: Dann ist je nach Rasse und Felldichte ab etwa -5 Grad Celsius eine Decke mit einer Füllung zwischen 200 bis 300 Gramm zu empfehlen. Wird es dann, vor allem nachts, ab etwa -15 Grad Celsius so richtig knackig kalt, ist eine mollig warme Decke mit einer 300-Gramm-Füllung für die meisten Pferde eine echte Wohltat. Eine Ausnahme sind natürlich die nordischen Robustrassen, vor allem die Isländer. Über die Temperaturen eines mitteleuropäischen Winters können sie nur müde lächeln, und frostige Temperaturen stecken sie auch ganz ohne Decke locker weg.

 

Sportliche Abschwitzdecken

Im Gegensatz zu Regen- und Winterdecken bieten Abschwitzdecken keinen Wetterschutz. Sollen sie auch gar nicht. Ist Ihr Pferd nach der Arbeit unter dem Sattel am ganzen Körper nassgeschwitzt, saugen Abschwitzdecken den Schweiß auf und transportieren die Feuchtigkeit weg vom Fell nach außen. Dadurch sorgen sie dafür, dass das Tier allmählich wieder auf „Normaltemperatur“ abkühlt, ohne dabei zu frieren. Allerdings taugen sie nicht dazu, ein Pferd während der kalten Nacht in der Box warm zu halten. Denn beim Abschwitzen kondensiert der Schweiß auf der Oberfläche der Decke. Das Pferd bleibt zwar weitgehend trocken, aber das Gewebe kühlt aus, und wird irgendwann zur Kältebrücke zwischen dem Pferdekörper und der Umwelt.

 

Im kalten Stall ist es nach der Arbeit am besten, Ihrem verschwitzten Sportpartner in der Box erst eine Abschwitzdecke aufzulegen. Ist das Fell dann soweit wieder abgetrocknet, ist eine gründliche Putzeinlage für Ihren vierbeinigen Sportler eine Wohltat. Gründlich sauber und gut aufgebürstet, kommt für die Nacht dann eine kuschelige Winterdecke zum Einsatz.

 

Luftige Fliegendecken

Nicht unbedingt zur Jahreszeit passend, aber trotzdem im Sortiment der meisten Reitgeschäfte vorrätig sind Fliegendecken. Sie schützen das Pferd – der Name lässt es bereits erahnen – im Frühling und Sommer vor lästigen Krabbeltieren. Was auch ihre einzige Aufgabe ist. Durch ihre feinmaschige Struktur bieten sie einen wirksamen Insektenschutz bei gleichzeitig maximaler Luftdurchlässigkeit. Sie sind übrigens auch eine tolle Hilfe, wenn Ihr Pferd aufgrund von Stallfliegen beim Schmied nicht stillstehen mag. Dann ist nicht nur Ihr Pferd dankbar für diesen Schutz, auch den Schmied wird es glücklich machen, wenn er seine Arbeit an einem brav stillhaltenden Pferd umso zügiger durchführen kann.

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