Ganz so wie im Film, in dem sich ein ungestümes Pferd nur von dem Hauptdarsteller oder der Hauptdarstellerin reiten lässt, ist es im wirklichen Leben natürlich nicht. Es gibt aber tatsächlich Pferde, die hinsichtlich des Geschlechts ihrer Reiter gewisse Vorzüge haben. Was ist dran an „Frauenpferden“ und „Männerpferden“?
„Der lässt sich nur von mir reiten“ – diesen Satz, der vor allem von jüngeren pferdebegeisterten Reitschülerinnen zu vernehmen ist, haben Sie bestimmt selbst schon oft gehört. Und vielleicht auch ein wenig drüber geschmunzelt. So ganz abwegig ist dieser Satz aber gar nicht. Denn tatsächlich gibt es Pferde, die sich unter einer Reiterin weitaus besser präsentieren als unter einem männlichen Reiter, so sehr der sich auch abmühen mag. Und umgekehrt gibt es natürlich auch solche Pferde, die Reiterinnen im Sattel trotz aller Bemühungen einfach nur ziemlich „alt“ aussehen lassen, unter einem Mann aber zu Höchstform auflaufen. Auch wenn diese Art Pferd -zugegeben – eher selten zu finden ist. Was wiederum aber auch daran liegen mag, dass sich auch die Männer selbst kaum in Ställen oder auf Turnieren blicken lassen. Und wenn, dann meist nur als zweibeiniger „Sattelschlepper“, der auf Turnieren auch die Sparten „Getränkebesorger“ und „Würstchenholer“ zu übernehmen hat. Immerhin waren vor Corona in Deutschland von 85.000 Turnierteilnehmern pro Jahr etwa vier fünftel weiblich, im Nachwuchsbereich sogar fast 90 Prozent. Also bitte.
Kommunikation ist weiblich
Dass Frauen und Männer in unterschiedlichen „Codes“ kommunizieren, gilt längst auch wissenschaftlich als erwiesen. Und da Frauen im Allgemeinen kommunikativer sind als Männer, und auch vielschichtiger kommunizieren, ist es nicht verwunderlich, dass sie bei entsprechendem Einfühlungsvermögen auch bei Pferden bessere Karten haben als Männer. Sätze wie „Setz‘ dich bei dem (gemeint ist natürlich das Pferd) mal richtig durch!“ oder „Der (gemeint ist auch hier natürlich wieder das Pferd) braucht mal ‚ne ordentliche Parade“ kommen männlichen Reitern meist einfacher über die Lippen als Reiterinnen. Und wie die Anweisung, das Pferd „weich“ an das Gebiss zu reiten, umzusetzen ist – auch das wird von Frauen meist ganz anders interpretiert als von Männern. Jeder Reitlehrer weiß, dass es dafür ein weibliches „weich“ gibt und ein männliches.
Ob sich ein Pferd besser mit Frauen oder mit Männern arrangiert, richtet sich daher nicht zuletzt auch danach, mit welcher Art von „Sprachcode“ es besser zurechtkommt. Versteht das Pferd „Frau“ besser, gibt ihm das mehr Sicherheit, und es wird sich dann lieber von Frauen reiten lassen. Versteht ein Pferd dagegen „Mann“ besser, fasst es eher zu Männern Vertrauen.
Männersache oder Mädchenkram?
Dass Pferde Vorlieben für ein bestimmtes Geschlecht haben, liegt aber umgekehrt auch in der menschlichen Natur begründet. Denn Männer und Frauen haben eine sehr unterschiedliche Erwartungshaltung gegenüber einem Pferd. Grundsätzlich ist das Wesen „Pferd“ im Unterbewusstsein seiner Reiterinnen und Reiter eine ganz große Projektionsfläche für menschliche Wünsche, Träume und Ideen. Und hier fangen die Unterschiede schon an: Pferdeverrückte Frauen und Mädchen zieht es vor allem der Pferde wegen in die Ställe und nicht wegen der Reiterei als solcher. Weibliche Reiter haben meist ein viel größeres Bedürfnis, ihr Pferd ausgiebig zu umsorgen, es zu putzen, seine Box zu misten, zu füttern, und ihm bei Bedarf gut zuzureden. Und es natürlich immer wieder mit einem (oder ganz vielen) Leckerlis liebevoll zu verwöhnen.
Den Kerlen dagegen ist Putzen, Pflegen und dergleichen meist einfach nur lästig. In ihren Augen und in ihrer Erwartungshaltung gleicht das Pferd eher einem klasse Kumpel, mit dem man auf Wettkämpfen in Konkurrenz zu anderen Reitern treten kann. Und wenn sich Jungs für Pferde und für das Reiten interessieren, dann möchten sie am liebsten wie Cowboys durchs Gelände preschen und mit ihrem Pferd etwas erleben.
Die jeweilige Erwartungshaltung spiegelt sich auch im Umgang mit dem Pferd. Oder haben Sie schon mal einen männlichen Reiter gesehen, der sein Pferd vor der Reitstunde oder dem Ausritt stundenlang putzt und wienert, die Hufe einfettet und sich sorgt, welche Satteldecke heute farblich am besten zum eigenen Outfit und den Bandagen an den Pferdebeinen passt? Na bitte.
Um also die Frage nach „Frauenpferden“ und Männerpferden“ zu klären: es kommt immer auf beide Seiten an, auf Mensch wie Pferd, um zueinander zu passen. Damenkränzchen oder Skatabend – das ist hier die Frage…