„Wasser marsch!“ für alte Pferde

Geschrieben von Karsten Kulms | 11. Mai 2021 07:51:29 Z

Die derzeitigen hochsommerlichen Temperaturen machen Menschen und Pferden gleichermaßen zu schaffen. Gerade die Halter von älteren Pferden sollten jetzt aber ein besonders scharfes Auge auf die Gesundheit ihrer Vierbeiner haben.

Ob im Stall oder auf der Weide – vor hochsommerlichen Hitzerekorden gibt es für Pferde keinen beständigen Schutz. Sie müssen versuchen, so gut es geht, mit den Backofentemperaturen ihrer Umgebung irgendwie zurecht zu kommen. 

Die eigentliche Wohlfühl-Temperatur liegt bei den meisten Pferden zwischen sieben und 15 Grad Celsius. 30 Grad und mehr sind da schon eine echte Herausforderung für jedes Pferd. In die Jahre gekommene Pferde haben es dabei besonders schwer, weil ihr Kreislauf bei hohen Temperaturen besonders stark leidet.

Hinzu kommt, dass bei Pferdesenioren das Durstempfinden verringert sein kann, was dazu führt, dass sie über den Tag zu wenig trinken. Ein einfacher Test zeigt, ob wassertechnisch alles in Ordnung ist: nehmen Sie am Halsansatz eine Hautfalte zwischen Daumen und Zeigefinger. Beim Loslassen sollte diese Falte innerhalb höchstens einer Sekunde wieder glatt sein. Strafft sich die Haut nur zögerlich, muss unbedingt mehr Waser ins Pferd.

Das Problem: „Man kann ein Pferd zur Tränke führen, aber man kann es nicht zum Trinken zwingen“. So alt wie dieses Sprichwort ist, so wahr ist es leider auch im Umgang mit Pferden. Der Trick der Stallmeister vergangener Zeiten, den Pferden im Sommer einen Löffel voll Glaubersalz unters Futter zu mischen, um ihren Durst anzuregen, ist nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen jedenfalls eher nicht zu empfehlen. Denn ein Zuviel an Salz belastet die Nieren der Tiere bei trockenem Wetter zusätzlich, weil sie nicht alles über die Haut ausschwitzen. Schon gar nicht, wenn sie sowieso schon zu wenig trinken. Hilfreicher kann es sein, ihnen – auch wenn ihre Box über eine Selbsttränke verfügt - über den Tag verteilt zusätzlich öfters Wasser aus einem Eimer anzubieten. Auch das Anfeuchten des Kraftfutters und das Einweichen des Heus sorgt dafür, dass das Tier zusätzlich Flüssigkeit bekommt. 

Dabei ganz wichtig: Weichen Sie das Heu immer erst kurz vor dem Verfüttern ein. Denn bleibt es bei den derzeitigen Backofentemperaturen zu lange nass liegen, können sich in dem feucht-heißen Klima im Heu schnell Keime und Pilze ausbreiten. Derart vorbelastetes Heu kann dann zu Koliken und anderen Verdauungsproblemen führen.

Gegen den Hitzestress

Um den Kreislauf eines Pferdeseniors zu entlasten ist es ratsam, dem Pferd bei extremen Temperaturen ab und an vorsichtig die Beine mit Wasser abzuspritzen. Arbeiten Sie sich dabei von den Hufen langsam und allmählich „nach oben“ vor. Lässt es sich das gefallen, können Sie dann auch die Bauchdecke mit dem kühlenden Nass bearbeiten. Das Abspritzen dieser Körperregion kühlt besonders effektiv, weil hier große Blutgefäße verlaufen, die sehr viel körperwarmes Blut transportieren. 

Vermeiden Sie dabei aber unbedingt „Kälteschocks“, die gerade bei betagten Pferden bei der Verwendung von sehr kaltem Wasser auftreten können. Denn solche thermischen Stressmomente können dem Kreislaufsystem genauso Schaden wie ein von der Sonne dauerhaft aufgeheizter Körper.

Es liegt was in der Luft

Drohen nach der Schwüle des Tages abendliche Hitzegewitter, kann das für empfindliche Pferdesenioren gefährlich werden. Denn ein aufziehendes Gewitter kann bei solchen Vierbeinern zum Auslöser für Koliken werden. Den genauen Grund dafür kennt bislang noch niemand so richtig. Aber Tierärzte beobachten immer wieder, dass sich die Notfall-Anrufe zu kolikenden Pferden oft häufen, wenn in der betreffenden Region gerade ein Gewitter im Anmarsch ist. Ältere Pferde gehören dabei auch deshalb zur Risikogruppe, weil nicht nur die Schmerzen im Darm, sondern zusätzlich die hohen Temperaturen im Stall ihren Kreislauf sehr belasten. Daher ist es jetzt besonders wichtig, regelmäßig auf „klassische“ Symptome wie Unruhe, häufiges Umdrehen zum Bauch, unruhiges Scharren und Ähnliches zu achten. Lieber auf der Weide oder im Stall einmal mehr als zu wenig nach dem Rechten schauen! Das hilft, Warnzeichen für Probleme Ihres Pferdes mit der Sommerhitze frühzeitig zu erkennen und somit rechtzeitig zu handeln.