Gestiefelt und gespornt

Geschrieben von Karsten Kulms | 10. Mai 2021 14:20:46 Z

Reiten hat immer auch etwas mit Eleganz zu tun. Oder sollte es zumindest. Das drückt sich auch in der reiterlichen Garderobe und besonders beim Schuhwerk aus. Doch Reitstiefel können mehr als einfach nur schick aussehen. Die wichtigsten Tipps für den richtigen Reitstiefel. 

Dass sich hochschaftige Stiefel schon seit vielen Jahrhunderten in der Reiterei großer Beliebtheit erfreuen, hat seinen guten Grund. Denn sie sind nicht nur Ausdruck von Eleganz, sie bieten im Sattel auch einen besseren Halt und somit mehr Sicherheit als flaches Schuhwerk. Ein weiterer Sicherheitsaspekt ist die Tatsache, dass Reitstiefel kein nennenswertes Sohlenprofil aufweisen. Denn bei einem Sturz vom Pferd rutscht eine glatte Sohle schneller aus dem Steigbügel als eine Profilsohle. Das verhindert, dass der Fuß im Steigbügel hängenbleibt und der Reiter von seinem Pferd mitgeschliffen wird.

Allerdings macht die glatte Sohle den Reitstiefel am Boden nicht unbedingt sicherer. Gerade bei matschigen oder verschneiten Böden kann die profillose Sohle schnell zum Problem werden, wenn das Pferd zum Beispiel nach dem Reiten über einen aufgeweichten Feldweg zum Stall oder auf die Weide geführt werden muss. Ein heftiges oder nervöses Pferd kann seinen menschlichen Begleiter dann gleich doppelt schnell in Schwierigkeiten bringen, wenn die eigenen Füße auf dem nassen Untergrund keinen Halt finden und wegrutschen. Deshalb bei Matsch oder Schnee vor dem Führen besser schnell noch das Schuhwerk wechseln.

Springen oder Dressur?

Jede Reitsportdisziplin hat ihre eigenen Stiefel. Ein Dressurstiefel weist in der Regel einen höheren Schaft auf und ist vielleicht auch etwas eleganter, dafür aber auch steifer und schwerer als ein Springstiefel. Es gibt unter den Reitstiefeln natürlich auch Allrounder, die in jeder Disziplin eine gute Figur machen. Diese eignen sich für sportlich ambitionierte Freizeitreiter am besten, die sich mit ihren Pferden im Dressurviereck genauso wohl fühlen wie auf dem Springplatz.

Ein Tipp: Gehen Sie nicht erst am Abend auf Stiefelkauf. Denn nach einem langen Tag auf den Beinen können die Waden leicht anschwellen, und die Stiefelschäfte sind dann am nächsten Tag im Sattel zu weit. Was wiederum dazu führt, dass der ganze Stiefel nicht mehr richtig passt. Nehmen Sie zum Kauf auch Ihre Reithose und lange Socken mit. Dann haben Sie gleich das passende Outfit beisammen, um die Passform des Stiefels Ihrer Wahl richtig beurteilen zu können.

Accessoires oder schlicht?

Die optische Ausstattung der Stiefel richtet sich nach dem persönlichen Geschmack ihrer Träger. Ob schlicht und konventionell, oder mit Strass und Perlen, bleibt jedem selbst überlassen. Allerdings ist ein Reitstiefel kein Schmuckstück für die Vitrine, sondern ein Gebrauchsgegenstand, der fast täglich harten Anforderungen ausgesetzt ist. Ein strassverzierter Lackstiefel leidet dann eher als ein schlichtes Modell.

Was die Farbe der Stiefel betrifft, wird es im Reitsport zunehmend bunter. Farbtöne wie Rot, Blau, Cognac oder Grau verdrängen an so manchem Reiterbein allmählich das eher schlichte, traditionelle Schwarz.

Stiefel oder Stiefelette?

Grundsätzlich geht Beides, und die Wahl richtet sich natürlich auch ein wenig nach dem eigenen Budget. Da ein Reitstiefel anders aufgebaut ist als eine Stiefelette, bietet er im Sattel mehr Halt und somit auch mehr Sicherheit. Stiefeletten sind dagegen nicht nur hinsichtlich ihres reitsportlichen Einsatzes vielseitiger, sie können auch außerhalb des Reitstalls sehr gut als individuelles Accessoire zum eigenen Outfit genutzt werden.

Einlaufen oder einreiten?

Hinsichtlich der Anforderungen des Stallalltags ist es natürlich sinnvoll, seine neuen Reitstiefel sowohl im Sattel als auch zu Fuß an die eigene Anatomie zu gewöhnen. Leder hat dabei die wundervolle Eigenschaft, sich dem Reiterbein durch Bewegung und Körperwärme individuell anzupassen. Nach einer Weile passen dann die Stiefel wie eine „zweite Haut“. Bis dahin braucht es allerdings etwas Geduld. Denn je nach Häufigkeit der Benutzung, der verwendeten Lederarten und dem Schnitt kann das Einreiten und Einlaufen der Stiefel durchaus bis zu drei Monate dauern.

Leder oder Gummi?

Wer nur gelegentlich, zum Beispiel zur wöchentlichen Reitstunde, in den Sattel steigt, oder als Einsteiger überhaupt erst einmal ausprobieren möchte, ob Reiten das richtige Hobby für ihn oder sie ist, braucht anfangs nicht gleich zu den zugegebenermaßen nicht ganz preiswerten Lederstiefeln zu greifen. Auch Kinder sind für den Einstieg in die Welt der Pferde mit Gummireitstiefeln schon sehr gut ausgestattet – nicht zuletzt auch deshalb, weil Kinderfüße bekanntermaßen schnell wachsen. Dann jedes Mal ein neues Paar Lederreitstiefel zu kaufen, kann ein ordentliches Loch in die Familienkasse reißen. Wer sich aber langfristig im Sattel wohlfühlen möchte, der wird um die Anschaffung eines Paares Lederstiefel irgendwann nicht mehr herumkommen.

Nachhaltig produziert?

Da die meisten Reiter und Pferdehalter nicht nur sportlich ambitioniert, sondern auch sehr naturverbunden sind, stellt sich so manchem Reitsportler beim Stiefelkauf auch die Frage, inwieweit das Thema der nachhaltigen Produktion des Stiefelleders beim Hersteller eine Rolle spielt. Es gibt zertifizierte Lieferanten, die hinsichtlich des Einsatzes von Chemikalien, der Haltung der Tiere und des ressourcenschonenden Umgangs mit Wasser entsprechende Standards erfüllen und garantieren. Aus Rücksicht auf unsere Umwelt kann es daher nicht schaden, sich beim nächsten Stiefelkauf im Reitsportgeschäft einfach mal auch danach zu erkundigen.